Wusstest du - Thermo was???

Wusstest du - Thermo was???

Die Tage werden kürzer und die Nächte kälter. Wenn wir abends aus dem Stall nach Hause kommen, dann brauchen wir meist erst eine heiße Dusche, einen warmen Tee und eine kuschlige Decke, um uns wieder wohl zu fühlen.

Manchmal stehen wir am Fenster, sehen nach draußen und denken an unsere armen Pferde, die in ihrem Stall jetzt bestimmt frieren müssen. Hätten wir sie vielleicht doch lieber eindecken sollen? Bei vielen von uns geht jetzt die Debatte darüber los, ob geschoren, eingedeckt oder ob das Pferd Natur belassen bleiben soll…. Aber was ist denn nun das Beste? Um diese Frage beantworten zu können sollten wir uns den Pferdeorganismus etwas genauer betrachten.

Thermoregulation

Unter Thermoregulation versteht man im Allgemeinen die Fähigkeit eines gleichwarmen (homoiotherm) Körpers seine Körpertemperatur konstant warm zu halten. Der Organismus befindet sich ständig im Austausch mit seiner Umgebung und gibt Wärme ab oder nimmt Wärme auf. Diese Regulation hängt stark mit dem Stoffwechsel zusammen und wird von diesem über Hormone mit reguliert. Für die Temperaturkontrolle hat der Körper spezielle Thermorezeptoren, die über ein Regelmechanismus die Außentemperatur mit der Körpertemperatur abgleichen. Vier grundlegende Mechanismen stehen dem Organismus für die Thermoregulation zur Verfügung:

  • Konduktion: Wärmeübertragung durch direkten Kontakt
  • Konvektion: Wärmeaustausch über ein Medium (Luft, Wasser)
  • Radiation: Wärmestrahlung durch elektromagnetische Wellen
  • Evaporation: Wärmeverlust durch Verdunstung (z.B. Schwitzen)

Thermoneutrale Zone

Unter der thermoneutralen Zone wird der Temperaturbereich verstanden, bei dem sich ein Organismus ohne Aufwendung von Aktivität wohl und behaglich fühlt. Dieser Temperaturbereich ist von Art zu Art und sogar von Rasse zu Rasse unterschiedlich. Somit ist diese Zone der Bereich, in dem der Organismus keinen zusätzlichen Energiebedarf für die Regulierung des Wärmehaushalts benötigt.

Zum Beispiel liegt der Bereich bei einem bekleideten Menschen bei ca. 23°C. Bei Hunden variiert der Bereich zwischen 20-25°C bei kurzhaarigen Rassen und zwischen 15-20°C bei langhaarigen Rassen.

Unsere Pferde haben eine sehr große thermoneutrale Zone. Die Temperatur, an die das Pferd gewöhnt ist, bestimmt seine thermoneutrale Zone. Diese liegt zwischen -15°C und 25°C wobei die Optimaltemperatur bei 5°C liegt. Hier finden sich fast alle Pferde wohl und behaglich, während wir schon das Zittern anfangen!

Zu beachten ist, dass bei der thermoneutralen Zone von einem Temperaturbereich ohne Wind und einer Luftfeuchtigkeit von ca. 50% ausgegangen wird.

Nichts desto trotz liegt dieser Bereich DEUTLICH unter unserer bevorzugten Kuscheltemperatur!

Sonderfälle

Selbstverständlich gibt es immer und überall auch Ausnahmen. Hierzu zählen besonders alte, sehr junge, kranke, sehr dünne und im Leistungssport stehende Pferde. Aber auch Rasseunterschiede können sich hier bemerkbar machen.

Ein Fall für die Schere?

Um ein, für den Winter, gut angepasstes Pferd zu haben muss es regelmäßig an Klimaschwankungen und den jeweiligen Temperaturen der Region angepasst werden. Dafür ist es wichtig, dass Pferde nicht im warmen, klimatisierten Stall stehen, sondern licht- und luftdurchflutete Boxen und Ausläufe haben, welche die natürlichen Temperaturschwankungen mitmachen können. Denn auch unsere Pferde müssen sich trotz Winterfell an das Wetter gewöhnen und sich und ihren Organismus abhärten. Dafür sorgt zum einen das Winterfell, aber auch eine gesunde Fettschicht ist für Pferde, die ganzjährig draußen leben, nicht unwichtig. Das Körperfett spielt bei Pferden als Energiereserve wie auch zur Isolation eine wichtige Rolle. Um der Nässe und dem Regen vernünftig entgegen zu wirken sind Pferdehaare von einer fettigen Substanz, einer Talgschicht, ummantelt. Diese Schicht hat einen wasserabweisenden Effekt und sorgt dafür, dass Pferde nicht bis auf die Haut nass werden. Angenommen ihr möchtet aus diversen Gründen euer Pferd scheren (sportliche Leistung, Mode, Praktikabilität), dann solltet ihr auch euer Pferd im Herbst und Winter eindecken. Denn ohne Fell, welches euer Pferd vor Wind, Wetter und Nässe schützt, wird euer Pferd mit Sicherheit krank werden, da die ganzen genannten Schutzmechanismen wegfallen.

Fazit Thermoregulation

Körpereigene Schutzmechanismen wie die Thermoregulation oder auch das Immunsystem können von Pferden nur dann optimal genutzt werden, wenn sie unter Bedingungen gehalten werden, die ihren natürlichen Bedürfnissen am nächsten kommen. Ihre Wohlfühltemperatur liegt deutlich unter der unseren. Ein „zu viel des Guten“ schadet manchmal mehr als dass es guttut. Achtet auf eure Pferde und studiert sie genau, um zu erkennen, ob es vielleicht doch besser wäre die Decke einmal mehr zu Hause zu lassen.

Deine Links zum Nachlesen:

https://flexikon.doccheck.com/de/Behaglichkeitsbereich

https://www.ivh-online.de/fileadmin/ivh/user_upload/Branchenleitlinien/FEDIAF_Nutritional_Guidelines_2018_online_Einzelseiten.pdf

https://flexikon.doccheck.com/de/Thermoregulation

https://www.badische-bauern-zeitung.de/thermoregulation-pferd

https://www.mmagrar.de/aktuelles-uebersicht/pferde-blog/details/wie-funktioniert-die-thermoregulation.html

https://www.vet-tcm.de/beitraege/13-pferde/101-thermoregulation-was-ist-das

https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/2185/Schueler.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Buch: Biologie. Der neue Campbell von Anselm Kratochwil

Buch: Pferdefütterung, 5. vollständig überarbeitete Auflage, Helmut Meyer und Manfred Coenen



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